Der Heilige Vater - Papst Franziskus

Dass nun ein Lateinamerikaner Papst ist, bedeutet für uns alle eine freudige Bestätigung. Wir hatten immer schon die Überzeugung – und daran habe ich stets gearbeitet – dass das Interesse Europas für Lateinamerika uns nicht als bedüftige „unterentwickelte“ Bettler einstufte. Einerseits haben ja die Christen Europas gewusst, dass durch Jahrhunderte Reichtümer aus Lateinamerika, oft und oft erworben durch harte Arbeit einfacher Menchen, nach der „entwickelten“ Welt geflossen sind.

Andererseits gibt es hier etwas sehr Charakteristisches. Christliche Brüderlichkeit findet bei der normalen Herzlichkeit der lateinamerikanischen Menschen gleichsam eine sehr natürliche und spontane Grundlage. Ich habe hier kaum je etwas gesehen, das dem Rassismus in anderen Kontinenten ähnlich wäre. Da ja breiteste Teile des Vokes halb oder ganz europäisches Blut haben, besonders in Argentinien sind die italienisch-stämmigen äusserst zahlreich, fühlt sich das Volk hier fast in einer spontanen Einheit mit der übrigen Welt, besonders Europa, und in den letzten Jahrzehnten auch mit Asien.

Die Umwandlungen können hier äusserst schnell und gedrängt geschehen. Als ich ende der 60er Jahre zum ersdten Male als Theologe an einem lateinmarikansischen Bischofskongress in Mar del Plata teilnehmen konnte, staunte ich über den (gesunden?) Stolz der Argentinier. Steriotyp wurde die Situation Argentiniens als grundverschieden vom übrigen Kontinent dargestellt. Die Armutsziffern, die Arbeitslosigkeit, Krankheit und allgemeine Hoffnungslosigkeit waren in ganz Lateiamerika alarmierend, aber in Argentinien grundsätzlich anders. Argentinien durfte in keine kontinentale vergleichende Mittelwerte eingestuft werden. Das Land sei im Grunde ein (fast) europäisches Land. In wenigen Jahrzehnten jedoch war der Absturz gewaltig. Verarmte Massen, viel Not und zuwenig Hoffnung. So sagen auch die Argentinier.

Der relative Austieg (sicher bedeutunsvoll, wenn auch keineswegs alle bitter Not umfassend) in Brasilien wurde von Argentinien einstweilen (noch) nicht nachvollzogen.

Umsomehr freut es uns, dass gerade der dortige Kardinal Georg Mario Bergoglio zum Papst und Oberhaupt der gesamten katholsiche Kirche gewählt wurde. Er hat nämlich seit langem ein einfaches aber eben doch sehr beredtes evangelisches Zeugnis seiner Liebe zu den Armen gegeben.

Kartdinal Bergoglio war vor allem aus seinem Glauben und seiner tiefen Christusliebe allen Menschen sehr nahe.

Wir haben gejubelt, als der neue Papst sich zeigte und bevor er zum ersten Male als Papst den Segen über die Gläubigen sprach, sich selber tief verneigte und die Mensch bat, für ihn zu beten, damit Gott ihm gnädig sei und ihn und sein Amt reich segne. Damit zeigt er sich nicht als ein vom Volk zum Segnen Delgierter, aber trotz, ja gerade wegen der unsagbaren Erwählung durch Gott, weiss er sich als Mensch, der vor Gott offene, empfangende Hände haben muss, und im Namen des ihn berufenden Herrn hat er dann ohne grosses Zerimoniell, sondern wie ein einfacher Priester, als Papst, über uns alle den Segen gesprochen.

Die Menschen, jeder in der Kirche, der Arme und der Reiche, sind ihm Brüder im Herrn. Das hat er ja auch immer gemeint, wenn er als Kardinal neben Arbeitern im Omnibus oder in der Untergrundbahn sass.

Die Kirche ist nicht europäisch, und muss nun nicht lateinamerikanisch werden. Sie muss die Familie und das Haus Gottes für alle sein. Und dazu will Lateinamerika, gerade durch seine weltweite Offenheit und Brüderlichkeit beitragen.

(Bischof Dr. Karl Josef Romer)