Theologie des Menschen und der Familie
1) Anthropologische Voraussetzungen
2) Biblische Daten
2.1 Der Mensch, Gottes Bild
2.1.1 erster Schöpfungsbericht
2.1.2 zweiter Schöpfungsbericht
2.2 Bild Gottes, ganz besonders in Zweiheit der Liebe von Mann und Frau
2.3 [Die Fülle der Zeit in Jesus: der “neue Mensch” liebt vollends die Welt, weil er
Gott voll liebt.
- Letzte Liebesquelle:
: Gott und Sein Reich, in Jesus
: So ist die vollendete Keuschheit nicht weltfremd, sondern für die Welt selber Verheissung dessen, was im Reiche Gottes offenbar werden wird.
- Nur in dieser Tiefe liegt der Grund des Verzeihens (der Vater und der verlorene Sohn).]
3) Ehe und Familie
3.1 Ehe als menschliche und göttliche Wirklichkeit
3.2 Ehe in einer zerbrochenen Welt
3.3 Die Familie
3.4 Kann die Heilige Familie Vorbild sein?
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- Anthropologische Voraussetzungen
(Den tiefsten Sinnes des Menschen entdecken inmitten all dessen was nach seiner Sinnentleerung drängt.)
“Die Menschen wurden geschaffen, damit sie Gott suchen, und gleichsam tastend Ihn finden könnten. Ist Er doch nicht ferne von einem jeden von uns, denn in Ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir”(Apg 17,27s).
Mit diesen Worten provoziert Paulus nicht nur die Neugier der griechischen Philosophen, die ihm zuhören, sondern er rührt an das geheimnisvoll in jedem menschlichen Geiste verborgene Fragen: “Was ist letztlich mein Ursprung, was ist mein Ziel? Der Katechismus der Katholischen Kirche vom Jahre 1992 (KKK) sagt, dass diese Frage so tief in uns eingeschrieben ist, dass nur schwerste Faktoren diese Stimme (vorübergehend) zum Verstummen bringen (die Rebellion gegen das erlebte Leid, Unwissenheit oder religiöse Indifferenz, die Sorgen um die Welt und um den Reichtum, das schlechte Beispiel der Gläubigen, religionsfeindliche Strömungen, schliesslich die Tendenz des sündigen Menschen, sich vor Gott zu verbergen) (vgl. KKK n. 29).
Dieses Suchen eines letzten und umfassenden Sinnes des Lebens und des Alls öffnet “die Wege”, die zur Gotteserkenntnis führen (vgl. KKK 31-35). Gewiss hat schon Pius XII festgestellte: “Wenn auch die menschliche Vernunft … durch ihre natürlichen Kräfte und ihr Licht tatsächlich zur wahren und sicheren Erkenntnis des einen persönlichen Gottes … gelangen kann, so hindert doch nicht weniges, dass dieselbe Vernunft diese ihre angeborene Fähigkeit wirksam und fruchtbar benütze (Enzyklika Humani Generis 12. August 1950: DS 3875). Daher lehrt die Kirche: obwohl der Mensch die natürliche Vernunftsfähigkeit besitzt, Gott zu erkennen, in seiner konkreten Geschichte braucht er das Licht der Offenbarung um zu einer klaren Erkenntnis Gottes und des Sinnes seines Lebens zu gelangen (cf. KKK 36-38).
Doch wäre dem Menschen nicht in seinem tiefsten Sein jene natürliche Befähigung zur Gotteserkenntnis gegeben, so könnte er auch keine göttliche Offenbarung empfangen. Diese Fähigkeit hat er, weil er in seiner geschaffenen Natur “nach Gottes Bild und Gleichnis” geschaffen ist (Gen 1,27).
Paulus umschreibt diese Situation des Halbdunkels des menschlichen Geistes so: “Wir müssen Gott suchen, gleichsam tastend, obwohl er von keinem von uns weit entfernt ist” (Apg 17,27).
Zu jeder Zeit haben grosse Denker versucht, dieses Geheimnis zu erforschen. Viele haben sich dem Geheimnis wenigstens gleichsam „negativ“, nämlich so genähert, dass sie erklären mussten, es sei unmöglich den tiefsten Sinn des Lebens und allen Fragens zu erkennen. Wir zitieren hier einige aufschlussreiche Daten, die Scheffczyk[1] anführt:
- Sophokles, der tragische Dichter des 5. Jhts. vor Christus (+406) sagte: “Vieles Gewaltige lebt, doch nichts ist gewaltiger als der Mensch”[2].
- Der Philosoph Martin Heidegger schrieb: “Keine Zeit hat so viel und so Mannigfaltiges vom Menschen gewusst als die heutige … Keiner Zeit aber ist der Mensch so fragwürdig geworden als der unseren”[3].
- Der grosse katholische Denker Max Scheler (1874-1928) schrieb: “Wir sind in der ungefähr zehntausendjährigen Geschichte das erste Zeitalter, in dem sich der Mensch restlos problematisch geworden ist, in dem er nicht mehr weiss, was er ist, zugleich aber auch weiss, dass er es nicht weiss ”[4].
Dazu kommt was Nietzsche hellsichtig angedeutet hat: “Unsägliches
Leid, Verfolgung, Entbehrung, kann der Mensch überstehen. Was er aber nicht ertragen kann, woran er verdirbt, das ist der Wohlstand.” Der brutale, systematische, philosophische und politische Atheismus einerseits, und der praktische Materialismus, die grenzenlose Genusssucht andererseits haben den Menschen nicht nur Gott entfernt, sondern in ihm die Sinnfrage seines eigenen Lebens (weitgehend) zum Verstummen gebracht.
Angesichts dieser Situation ist der Mensch in Gefahr, sich selbst zu
verkennen, und seine tiefste Beziehung zum Absoluten, zu Gott, zu verlieren. Nichts ist mehr bezogen auf den Absoluten Gott, alles sucht im Menschen allein seinen Sinn. Moral wird leicht zur egoistischen Zweckmoral. (Ich erinnere an “Free choice“ / „Katholische Frauen fürs Recht auf freie Entscheidung”): Der Mensch, der nicht mehr von Gott gemessen und gerichtet werden will, sondern sich selber Mass sein will, macht sich zum Ersatz Gottes.
Daher braucht der moderne Mensche dringend, wieder absolute Werte mit all seinen Konsequenzen zu entdecken (das Wahre, das Gute, das Schöne) und so wieder seine ursprünglichste Bezogenheit auf Gott zu erkennen.
2 Die Daten der Bibel
In dem Masse als der Mensch Gott findet, findet er sich selbst. Denn
wo Gott dem Menschen das göttliche Geheimnis lichtet, eröffnet er diesem seine einmalige und unwiederholbare Würde: nämlich Bild Gottes zu sein.
2.1 Der Mensch, Gottes Bild
Die zwei Schöpfungsberichte zeigen den Menschen nicht einfach in der nie durchschreitbaren Distanz des Geschöpfes zum Schöpfer, sondern der Mensch wird hineingenommen in eine unvergleichliche Nähe zu Gott, in eine wahre Anteilhabe an Gott selber.
2.1.1 Der ältere Schöpfungsbericht (Gen 2,4b-24) zeigt in anschaulicher Weise,
- dass die ganze Welt geschaffen wird, um dem Menschen nicht nur eine Wohnung auf Erden zu geben, sondern eine Aufgabe: eine Geschichte (“Gott der Herr nahm den Menschen (der schon in Vers 2,7 geformt worden ist) und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und behüte”) Gen 2,15).
- Nur der Mensche kann ein Gebot bekommen. Das Tier ist an den Instinkt gefesselt; der Mensch ist zur freien Liebe berufen. Und diese Freiheit ist gerade deshalb nicht absolut, weil sie ihn Gott ähnlich macht. Denn nur Gott, dem er ähnlich ist, kann der innerste Grund und das volle Ziel seines Wesens sein. Darum muss er die letzte Verfügung über sein eigenes Wesen aus Gottes Tiefe beziehen: “aber vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse sollst Du nicht essen; wenn du davon isst, musst du sterben” (Gen 2,16-17).
- Zwar herrscht der Mensch über alle Tiere der Erde, “aber er findet keine Hilfe, die ihm ähnlich wäre” (Gen 2,20). Doch die durch absolute Liebe für ihn geschaffene Frau wird vom Manne als ihm gleiche Partnerin erkannt: “Diese ist Fleisch von meinem Fleische” (Gen 2,23). Durch die Begegnung Mann-Frau wird das Paradies zur dynamischen, vorwärtsdrängenden Geschichte: Der Mensche verlässt seinen irdischen Ursprung (“verlässt Vater und Mutter und hängt seinem Weibe an, und die zwei werden ein Fleisch sein” Gen 2,24). Denn mit der Frau findet er einen neuen Anfang, denn mit ihr und nur mit ihr erkennt er einen unerhörten Anruf Gottes. Was ihm seine Abstammung von seinen Eltern nicht geben kann, das kann ihm seine Frau geben: die Vollendung seines Wesens in der sich verschenkenden und sich immer wieder empfangenden Dualität der Liebe. Und gerade so in der einzigen Möglichkeit, sich eine Geschichte, eine Zukunft, Nachkommenschaft zu geben, in der das ich-du des Mannes und der Frau nicht erstickt in auswegslosem Egoismus zu zwei, sondern sich öffnet in das Geheimnis eines neuen Menschen, des Kindes.
2.1.2 Der jüngere (zweite) Schöpfungsbericht (Gen 1,26-27)
- Der absolute Abstand zwischen Mensch und Welt: Der gewollten eintönigen Wiederholung “Es werde ..- und Gott machte, das Firmament, machte das Wasser, machte die Tiere”, stellt der Text die unvergleichliche personalste Erwählung des Menschen durch Gottes Liebestat gegenüber: “Und Gott sprach: Lasst uns den Menschen machen nach unserem Bilde und nach unserem Gleichnis… Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, nach dem Bilde Gottes schuf er ihn”. Der Mensch steht in der Welt, und gerade so nimmt er an der göttlichen Überlegenheit teil und steht der Welt als Gottes Abbild gegenüber.
- Ohne nochmals ein veranschaulichendes Bild, wie das des Schlafes Adams und des Werdens der Eva aus dessen Rippe zu wiederholen, stellt der heilige Text einfach fest: “Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde; nach Gottes Bilde schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie” (Gen 1,27).
- Als Geschöpf und als Begnadete sind sie gleich. Sie nehmen am gleichen Segen Anteil: “Gott schuf den siebten Tag und segnete ihn”: das heisst, für Frau und Mann ist das Leben nur erfüllt, wenn sie diesen Segen Gottes in die Welt tragen, indem sie über die erdegestaltende Arbeit hinaufschauen zu Gott und ihn liebend anbeten, um dann als seine einzigen Anbeter für die Welt Träger des Segens Gottes zu sein.
2.2 Gottesbild ganz besonders in der Zweiheit von Mann und Frau
Nicht dass der Mann, oder die Frau allein nicht Gottes Bild in sich trüge. Aber es liegt eben gerade in der wechselseitigen Bereicherung dieser Zweigeschlechtlichkeit ein vollendender Ausdruck des göttlichen Bildes im Menschen. Dazu einige klärende Hinweise:
- In der Seele des Menschen ist die nicht zufällige, sondern das Sein des Individuums selbst vollendende Verwiesenheit auf den andern, auf die Gemeinschaft festgeschrieben. Der Mensch ohne Gemeinschaft, ohne Liebe, ohne Mitleid, ohne schöpferische Tat, ohne den die andern fördernden Dient ist ein Monstrum. - So ist nicht nur der Mann und die Frau, je als Individuum, Gottesbild. Sondern dieses Gottesbild findet eine vollendende Darstellung in der innersten, seelischen, persönlichen, geschichtlichen und Ewigkeit gestaltenden gegenseitigen Offenheit zwischen Mann und Frau. Der Mensch ist nicht nur der, der das innerste Wesen, den tiefsten Grund allen Geschaffenen erkennt, sondern er ist der, der im geschaffenen Du (das nicht das Tier sondern nur der andere Mensch ist) in unerhörter Höhe und Tiefe sein eigenes Bild-Gottes-Sein wahrnimmt.
- Der Mitmensch eröffnet mir meine eigene tiefe Gottbezogenheit
Martin Buber, Ich und Du (1923), Werke I,97, sagt: “Der Mensch wird am Du zum Ich”. - Es ist äusserst bedeutend, was Heinrich Gross in Mysterium Salutis feststellt: “Eines der hebräischen Begriffsworte für die Tiere, besonders für die Grosstiere, die doch sehr wohl hörbar Laut geben, ist b(e)hemah, das Stumme. Nur der Mensch kann wirklich reden” (MS II,474 [II, cap. VII,2.1]). Am moralischen Gewissen des Nächsten aber erfährt der Mensch dessen (und seine eigene) Verwiesenheit auf Gott. Der Mensch ist im Innersten Angerufen durch Gott. Nur in der Antwort an Gott ist er ganz Mensch. Diese Gottverbundenheit wird zum Grunde der tiefsten und realsten Verbundenheit der Menschen die sich schätzen und lieben. Gerade an diesem gemeinsamen Hinhören auf Gott kann die gegenseitige Liebe zweier Menschen Anspruch auf Treue, auf Ewigkeit erheben. Das reine, korrekte, gewissenhafte Leben meines Mitmenschen offenbart mir auch meine gottnahe Reinheit, die auch ich voll leben kann, oder aber, die ich schmerzlich verloren habe.
- Die tiefste geistige Offenheit zur Liebe und Gemeinschaft stellt sich sichtbar und schöpferisch dar in der (persönlichen und kosmischen) Leiblichkeit.
Das Leibliche an der ehelichen Liebe ist nicht ein Zugeständnis an die Schwäche des Menschen. Sondern es ist im Kosmos, inmitten der Welt, Darstellung des innersten geistigen Gottesbild-Seins des Menschen. Gott ist quellendes Leben. Der Sohn ist ewig aus dem Vater geboren, der Geist quillt als ewige Liebesmacht aus Vater und Sohn. Das innerste Wesen des einen und einzigen Gottes ist die Dreifaltigkeit. Der Mensch, obwohl endliches Geschöpf, ist gerade darin nochmals Abbild Gottes, dass aus ihm Leben strömt. Er gibt nicht nur geistige Impulse, er schafft nicht nur die Werke seiner Kunst, sondern der Mensch wird zum (Mit-)Schöpfer eines Gott ähnlichen Menschen.
- Erst im Dritten, im Kinde, ist die Liebe der Zwei vollendet.
Am Kinde, wo die Liebe von Vater und Mutter sich geöffnet hat in die unvergängliche Ewigkeit eines neuen Seins, ist die Liebe der Eltern endgültig bewahrt vor egoistischer und sündiger Selbstzufriedenheit. Am Kinde ist die Liebe zwischen Mann und Frau zum Wagnis des Ewigen geworden. Sie sind Mit-Schöpfer mit Gott. Heute spricht man vielerorts von der “Reproduktion” der menschlichen Spezies. Es geht nicht um Reproduktion, sondern um “Pro-Kreation”. Daher sind die Eltern notwendig die Erstverantwortlichen dafür, dass dieses Kind dem anrufenden Schöpfergotte die anbetende Antwort gibt. Daher kann der Staat nie über die Eltern hinweg die Erziehungsprogramme gestalten.
3 Ehe und Familie
3.1 Ehe als menschliche und göttliche Wirklichkeit
Es ist nicht nur eine unerhörte Anmassung, wenn die Apostel vor Jesu absoluter Forderung zu unauflöslicher Treue in der Ehe erschrocken rufen: “Wenn das die Situation des Mannes in Beziehung zur Frau ist, dann ist es besser nicht zu heiraten” (Mt 19,10). Es drückt sich eben in diesem drastischen Worte der Apostel etwas von Aufschrei des Menschen aus, der gerade am Höchsten, am Reinsten, nämlich an der Liebe sich oft so ohnmächtig vorkommt. Die Ehe ist durch alle Geschichte auch Geschichte der Liebesunfähigkeit des Menschen. – Jesus hält ihnen entgegen, dass die Liebe unmöglich das von Gott entworfene Urbild der Liebe verwirklichen kann, solange der Mensch in seiner Herzenshärte verharrt. Ein schweres Wort, “sklerokardía” gebraucht Jesus (proVs thVn sklhrokardian umwn). Die Verhärtung des Herzens hat beim modernen Menschen ein schmerzlich vergleichbares Bild: die Sklerose des Gehirns ist gleich dem Tode des noch lebenden Menschen. So ist die Herz-“Sklerose” von der Jesus redet, der Tod des Reiches Gottes im Menschen.
Da die Apostel rein menschlich gesehen Recht haben, (wenn dies die Kondition des Mannes im Verhältnis zur Frau ist, dann ist es besser nicht zu heiraten), ist die Ehe in ihrer vollen Bedeutung eben nur möglich, wenn sie sich öffnete auf die Ansprüche des Reiches Gottes, und sich selber heilt an der Quelle dieses Reiches. Diese Quelle ist nicht ein abstrakter Jesus, sondern der geschichtliche und auferstandene Jesus, der in seiner höchsten Selbsthingabe uns hineinnimmt in Gottes dreifaltige Liebesgemeinschaft.
Paulus erkennt, wie nicht irgendwelche Freundschaft, sondern die radikalste aller Freundschaft, nämlich die volle Selbsthingabe in der ehelichen Liebe zum Bilde des liebend-erlösenden Gottes wird. – Nur bei Jesus selber kann die Ehe vollendet sein. Denn sie verwirklicht die geheimnisvolle und gnadenschaffende Abbildung des erlösenden Liebesverhältnisses Gottes zur Menschheit, Jesu zur Kirche als Gottes Braut.
Mit andern Worten: die Ehe ist das unsägliche Wagnis, dass Mann und Frau in Jesus sich lieben, eins werden und in sich Gottes Reich erleben und vor der Welt darstellen. “Die Frauen seien ihren Gatten untertan so wie dem Herrn; der Ehemann ist das Haupt de Frau, so wie Christus Haupt der Kirche ist, Er, der der Erlöser seines Leibes ist” (Ef 5,22s). Oder noch stärker: “Und ihr, Männer, liebt eure Gattinnen, wie Jesus die Kirche geliebt hat und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie heilig zu machen…, um die Kirche vor sich zu haben ganz herrlich, ohne Makel, ohne Runzel oder was ähnliches, sondern heilig und makellos” (Ef 5,25s). Einzig aus dieser Erlöserliebe Jesu kann sich die hingebende Liebe des Mannes zur Frau verstehen.
3.2 Heilige Ehe in einer gebrochenen Welt
Die Dieses göttliche und vergöttlichende Grundgesetz menschlicher
Liebe, und im radikalsten Sinne der ehelichen Liebe, manifestiert sich nicht erst im Himmel, sondern gerade in der Erdenzeit dieser an Sünde leidenden Welt, wo alles Heilige immer noch Mängel, Flecken, Unvollkommenes mitträgt. Jeder Mann, jede Frau wir auch einmal am schönsten Ideale müde. Nicht nur die Frau kann überempfindlich sein. Denken wir an die Vereltzbvarkeit den menschlichen Herzens, an seine Müdigkeit, an die belastenden Charakterschwächen, die auch in der Ehe an die Grenzen des Ertragbaren rühren können. Denken wir an Krankheit, Leid und Tod. – In dieser Realität erweist die Ehe nochmals ihre gottähnliche Grösse, wenn sie die erbarmende, ertragende Güte Gottes sichtmar macht, im Verzeiehen, im Neubeginnen, wo einer dem andern seine Würde, seine Grösse und Schönheit zurückgibt und anerkennt. Diese erlöste Liebe inmitten einer unerlösten Welt wird zu erlösender Liebe.
In dieser Haltung, die im radikalsten Sinne nur in Jesus möglich ist, wird die von der Schöpfung her gegebene Grösse der Ehe (“der Mann verlässt Vater und Mutter um seiner Frau anzuhangen” Gen 2,24) nicht nur Schöpfungsauftrag, sondern wird hineingehoben in den Ostersieg Jesu, in den Aufgang der Erlösungsfrucht: “Dieses Geheimnis ist gross; ich sage dies im Hinblick auf Christus und die Kirche” (Ef 5,32).
Hier scheint auf, dass es nicht zu viel ist, dem Menschen gerade in seiner Geschlechterbezogenheit als Mann und Frau, in dieser so sündigen und kranken Welt den Auftrag zu geben, in doppeltem Sinne Abbild Gottes zu sein: Abbild des Schöpfers und Abbild Gottes des Erlösers.
Hier wird klar, wie gerade für Verheiratete das christliche Ideal zu einem ungeahnten Höhepunkt kommt. “Seid vollkommen, wie Euer Vater im Himmel vollkommen ist” (Mt 5,48). Oder wie Paulus sagt: “Ahmt mich nach, wie ich Christus nachahme” (1Kor 11,1).
NB: Der Vers 33 könnte dem modernen feministischen Denken einige Schwierigkeit bereiten: “Jeder soll seinerseits die eigene Frau wie sich selber lieben; und die Frau soll Respekt haben vor ihrem Manne” (Ef 5,33). Wörtlich sagt der griechische Text: “Die Frau soll den Mann fürchten”. Joachim Gnilka zitiert EWALD, gemäss dem «phobe~isthai / fobei~sqai» einfach eine hingebende Sorge bedeuten kann: fobei~sqai toV sw~ma: um den Körper besorgt sein.
Von grundlegender Wichtigkeit für die Lehre der Ehe und Familie ist das, was Papst Johannes Paul II in aller Stringenz hervorhebt: Christus hat nicht etwas Neues eingesetzt, sondern er hat den natürlichen Ehebund auf ein neues Niveau der erlösten und erlösenden Teilhabe an dem Reiche Gottes erhoben. Deshalb verteidigt die Kirche die Würde der natürliche Ehe der Nicht-Christen.
3.3 Die Familie
Es geht jetzt nicht darum, alle die Gefahren und Angriffe der modernen
Welt gegen die Familie zu beschreiben. Dazu kann die Diskussion noch Gelegenheit geben. Ich möchte nun einfach einige Punkte skizzieren, die das tiefe Wesen der christlichen Ehe und Familie zum Leuchten bringen.
- Lieben und geliebt werden
In der Familie, besonders in der Beziehung mit den Eltern, wird die radikalste Reinform der Liebe erfahren. Das Kind weiss sich geliebt, nicht wegen bestimmter Gründe, sondern ganz einfach weil es ist, weil es so ist. In der Schule, im Geschäft wird einer geschätzt, weil er Leistung erbringt. In der Familie wird jeder um sich selbst willen geliebt. Bedenken wir, dass darin, in Freud und Leid, eine Vorahnung des Glückes im Reiche Gottes liegt.
- Das Vergeben
Es sei das Wortspiel erlaubt: die Liebe wird so ursprünglich und stark erlebt, dass das Empfangen und Geben in einmaliger Gratuität das Zusammenleben charakterisiert. Das Geben ist nicht vorerst an Bedingungen gebunden. Es geschieht “umsonst”, “vergebens”. Das ist die Grundform des Verzeihens, des Vergebens. [Auch im Spanischen oder Portugiesischen gilt dies: persistir donando, persistir nel donar = perdonar.] Wem vergeben wird, bezahlt dafür nichts als die dankbare Bereitschaft, dieser Liebe sich wieder würdig zu zeigen. – Das grösste Urbild des Verzeihens ist Gott Vater, der den verlorenen Sohn aufnimmt. In der Familie werden Vater und Mutter, aber auch Schwester und Bruder, reinste Abbilder göttlichen Verzeihens.
- Die Liebe in der Familie: ein doppeltes göttliches Zeichen
Wie wir oben gesehen haben, ist die auf neues Leben hin offene Liebe zwischen Mann und Frau in der Ehe ein Abbild, eine Anteilhabe an der göttlichen Schöpferliebe. Es ist die fruchtbare Liebe.
Aber es gibt in der Familie eine zweite Dimension der Liebe, auch diese erhabenstes Zeichen Gottes. Die Liebe der Eltern zu den Kindern ist nicht eine fruchtbare Liebe, wie die zwischen den Gatten. Und trotzdem, diese Liebe ist nicht geringer. Es ist das tägliche Erleben der Gratuität. Das Kind bringt den Eltern vorerst keinen Vorteil, keine Bereicherung im materiellen Sinne. Es wird geliebt, so wie es ist. Es wird angenommen, ja als göttliches Geschenk erlebt. Damit ist die Familie zum zweiten Male Bild des Göttlichen. Dieses Mal Bild des ewigen Glückes bei Gott. In der sich gegenseitig bereichernden und beglückenden Begegnung der Gatten ist die Ehe Zeichen der lebenspendenden Schöpferliebe Gottes. In der Liebe zum Kinde wird das Glück des Angenommenseins, des grundlosen Empfangendürfens geschenkt. Die Familie ist in dieser Gratuität Zeichen der alles erfüllenden göttlichen Gemeinschaft des Himmelreiches.
- Die Würde des Kindes
Dazu verweise ich auf die einzigartige Schönheit des Artikels von Kardinal Scheffczyk im Lexicon des PCF, La dignità del bambino /Die Würde desKindes. Es geht nicht nur darum, zu sagen, dass das Kind Gottes Ebenbild ist. Damit ist noch nicht seine spezifische Würde ausgesagt. Man muss gerade am Eigentlichen des Kindes ein besonderes Zeichen des Reiches Gottes sehen:
- Das Kind hat eine prototypische Bedeutung für alles Menschsein. Wegen seiner äussersten Nähe zum Ursprung, zum Aufbrechen des Seins vor Gott, ist das Kind ein glücklicher Mahnruf an alle Lebensalter. In der selbstlosen Mutterliebe, im bedingungslosen Geschütztsein durch den Vater lernt das Kind die ersten Regungen des persönlichen Liebens, kennt es die unvergleichliche Geborgenheit des vertrauenden sich Hingebens. Darin ist wie in einem Urbilde unser stets in der Gnade aufbrechendes Sohn- oder Tochtersein vor Gott angezeigt.
- In seine absolute Offenheit auf die Zukunft, auf das Leben, auf die Welt, auf die Begegnung mit den Anderen ist das Kind Symbol der beglückenden Zukunft, die Gott allein ist, und der Zukunft, die alle anderen nur in Gott für uns sein können.
- In seiner vertrauenden und liebenden Offenheit auf seine Eltern, ist das Kind uns Bild unseres Vertrauens auf Gott. Das Empfangen-Wollen, die Selbstverständlichkeit des Geliebtseins! So will uns Gott sehen.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Ehe und Familie sind doppelte Teilhabe an Gott: Teilhabe und Bild seiner Schöpferliebe, und hinweisendes Zeichen auf die in Frieden und ewigem Glücke uns gegebene Liebesgemeinschaft mit dem Dreifaltigen Gotte.
3.3 Die Heilige Familie ist anders, und trotzdem Vorbild der christliche Familie
Ich will einen Gesichtspunkt hervorheben, an dem die Heilige Familie uns hilft, das Zwischenpersönliche in der Familie noch tiefer als gottgeschenkt zu entdecken und schützend zu bewahren.
Beginnen wir mit Josef: die grossen Propheten und Patriarchen haben gezittert vor der Nähe Gottes. Isaias, der begeisterte junge Prophet erschrickt vor dem sich im Lichte des Tempels andeutenden Gotte (Is 6). Moses fällt auf sein Antlitz, wagt nicht aufzublicken vor dem im Dornbusch sich zeigenden Gotte.
Josef erlebt an seiner Braut die unsagbare Nähe Gottes: “Was in ihr gezeugt ist, kommt vom Heiligen Geiste” (Mt 1,20). Alles, was er ist, hat eine absolut neue Bedeutung. Gott selber hat ihn zum Beschützer der Jungfrau gemacht, an der sich alle Verheissungen Gottes am Bundesvolke erfüllen. Maria, geheimnisvoll gotterfüllt, geliebt, jedoch lebendige Anwesenheit des heiligen Gottes.
Durch Jesus soll das Höchste im Leben des Josef wirklich werden. Josef ist der einzige Mann der Welt, der vom Sohne Gottes, dem nur Gott Vater ist, liebevoll mit “Vater” angeredet wird. Was darf er nicht sein für dieses geheimnisvolle, göttliche Kind. Göttlich und doch so menschlich in seiner Liebe zu Josef und zur Mutter Maria. Jesus schenkt ihm ein Vater-Sein, von dem kein Mann träumen kann.
Maria kann nur die ehrenvolle jungfräulich Mutter sein, weil Josef sie schützt und Ihren Namen in Ehre bewahrt. So ist Josef gerade an ihrer göttlichen Berufung unersetzbar wichtig. Sie ist nicht verfemt, sondern sie darf sich überall zeigen als die ehrenvolle Mutter des Mannes Jesus, der sich nicht nur als Prophet, sondern als Sohn des angebeteten Gottes erweist.
Maria darf den mütterlich liebkosen, der aus dem Ewigen Vater geboren, in ihr menschliches Sein angenommen hat. Der, dem nur Gott Vater sein kann, ist wahrhaft ihr Sohn.
Jesus: Der Sohn Gottes braucht eine irdische Bürgerschaft. Die gibt ihm vor allem Josef, der ihn einführt in ins Volk Gottes, in die Synagoge, in die Rechte und die Frömmigkeit des Volkes Gottes. Jesus braucht Josef; ohne Josef könnte er nicht in der Welt stehen. Aber Jesus gibt auch alles: er schenkt Josef die Würde, die kein Patriarch besessen hat: Pflege-Vater des ewigen Gottessohnes zu sein. – Alles empfängt Jesus von Maria. Aber alles schenkt er ihr. Nur wegen ihm, nur durch ihn ist sie die “Gnadenvolle”, “die Gebenedeite unter allen Frauen”.
Seine Eltern werden vom Schmerze getroffen, wie er über sein irdisches Kindsein hinaus seine göttliche Sohnschaft offenbart (Lc 2,49). Seine Mutter wird teilhaben an der Nacht, am Todesschmerz des Kreuzes. Sie wird ihn glaubend und liebend begleiten (Jo 2,4-11; Jo 19,25ss); doch auch sie hofft, im Glauben wissend, auf die Offenbarung seiner Herrlichkeit.
Jeder hat das, was er ist, ganz von Gott. Und trotzdem empfängt er es als Liebes- und Treuegeschenk vom geliebten Mitmenschen.
So muss in der christlichen Familie jeder jedem den Plan Gottes vorleben. Ja jeder darf jedem Hilfe Gottes sein, damit Gottes Plan an jedem seine Vollendung erreicht.
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(testo italiano)
Questa ricerca del senso ultimo e totale del tutto apre “le vie” che portano alla conoscenza di Dio (cf. CCC 31-35). Ma già Pio XII diceva che “la stessa ragione incontra non poche difficoltà ad usare efficacemente e con frutto questa sua capacità naturale” (Encicl. Humani Generis, 12 agosto 1950: DS 3875). Per questo la Chiesa insegna: sebbene l’uomo tenga in sé la possibilità naturale della ragione di conoscere Dio, nella sua storia concreta ha bisogno della luce della rivelazione per giungere a una conoscenza chiara di Dio e del profondo significato della sua vita (cf. CCC 36-38).
Ma senza questa capacità nativa della sua natura, l’uomo neanche sarebbe capace di accogliere la Rivelazione di Dio. L’uomo ha questa capacità perché è creato “a immagine di Dio” (Gn 1,27).
San Paolo definisce questa situazione della penombra della mente umana: dobbiamo trovare Dio “andando come a tentoni, benché non sia lontano da ciascuno di noi” (At 17,27).
In ogni tempo grandi pensatori hanno cercato di illuminare questo mistero della vita; molti mostravano la presenza del mistero assoluto, dichiarando la impossibilità di spiegare la vita del uomo con le sue interrogazioni.
Scheffczyk[5] cita alcuni dati interessanti:
- L’autore tragico del quinto secolo prima di Cristo, Sophokles (+406 a.C.) a detto: “Tante cose stupende esistono, ma nessuna più stupenda dell’uomo”[6].
- Il filosofo Martin Heidegger disse: “Nessuna epoca conosceva tante cose e cose così diversificate sull’uomo, come il tempo di oggi. Ma in nessun altro tempo l’uomo era para si proprio così problematico come nel nostro tempo”[7].
- Il grande filosofo cattolico, Max Scheler (1874-1928) scriveva: “In questa storia cultural di cerca diecimila anni, siamo noi la prima epoca per cui l’uomo è divenuto totalmente problematico; l’uomo non sa più che cosa egli è; e egli è cosciente di non saperlo”[8].
Dinanzi a questa situazione l’uomo perde la sua più profonda relazione con il assoluto, con Dio. Tutto si torna relativo. La morale non c’è più, e l’uomo si arroga quello che è di Dio.
Questo uomo moderno deve imparare di nuovo e con tutte le sue conseguenze i valori assoluti (della verità, del buono e del bello) nella sua vita, e riconoscere la sua più originale relazione con Dio.
[1] Leo Kardinal Scheffczyk, Grundfragen christlicher Anthropologie, in: Franz Breid, Der Mensch als Gottes Ebenbild, Christliche Anthropologie, Stella Maris Verlag, 2001, pp. 9-28 (hier S. 10).
[2] Antigone, 332s
[3] Kant und das Problem der Metaphysik, Bonn 1929,15.
[4] Philosophische Weltanschauung, Bonn 1929,15.
[5] Leo Kardinal Scheffczyk, Grundfragen christlicher Anthropologie, in: Franz Breid, Der Mensch als Gottes Ebenbild, Christliche Anthropologie, Stella Maris Verlag, 2001, pp. 9-28 (qui p. 10).
[6] Antigone, 332s
[7] Kant und das Problem der Metaphysik, Bonn 1929,15.
[8] Philosophische Weltanschauung, Bonn 1929,15.